Nach Auslaufen der COVID-19-Pandemie bedingten Spezialgesetzgebung wurden inzwischen vom deutschen Gesetzgeber für einzelne Gesellschaftsformen dauerhaft virtuelle Gesellschafterversammlungen ermöglicht, die an die Stelle von Präsenzveranstaltungen treten. 

Die Vorteile virtueller und hybrider Versammlungen liegen für die Gesellschafter – neben der Überwindung auch in Zukunft möglicher Pandemie-bedingter Versammlungshindernissen – vor allem in der Ersparnis von Zeit und Kosten für den Aufwand der An- und Heimreise und für die Gesellschaft in der Ersparnis von Organisationsaufwand, nicht selten auch den Aufwand für die Anmietung von Versammlungsräumen, es entfallen Verpflegungskosten, Kosten für Sicherheitspersonal etc. Diese Kosten sind in der Regel deutlich höher als die Kosten für einen IT-Dienstleister, sofern dieser überhaupt in Anspruch genommen werden muss. Gerade für Gesellschafter, die aus der Ferne anreisen müssten, wird die Teilnahme an der Versammlung überhaupt erst ermöglicht, zumindest aber wesentlich erleichtert. Derartige virtuelle und hybride Formate können daher auch dazu führen, dass Kommunikation und Informationsaustausch vom Management an die Gesellschafter intensiviert werden. Die Verminderung der Reisetätigkeit wirkt darüber hinaus auch umweltschonend. 

Den möglichen Nachteilen und Gefahren von Online-Versammlungen durch ungenügende Kommunikation, Daten- und IT-Sicherheit, Vertraulichkeit und Manipulationen muss aber begegnet werden. Als Mindestvoraussetzung muss eine funktionierende Kommunikation gesichert werden. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 5.10.2021 (II ZB 7/21), Rn.19 deutlich gemacht: 

Der Versammlungszwang soll den Anteilseignern ermöglichen, den Gegenstand vor der Beschlussfassung untereinander und mit den Gesellschaftsorganen zu erörtern. Auf diesem Weg soll sowohl die Information der Anteilseigner als auch die Diskussion unter ihnen und damit eine gründliche und gemeinsame Meinungsbildung der Anteilseigner sichergestellt werden. Dieser Zweck kann indes mit den heute bestehenden Möglichkeiten der Kommunikation beispielsweise über Telefon oder Video ebenso erreicht werden wie mit einer physischen Zusammenkunft der Anteilsinhaber, wenn die konkrete Ausgestaltung der Kommunikation eine vergleichbare Teilnahme der Anteilsinhaber und Durchführung der Versammlung wie bei einer physischen Präsenzveran- staltung ermöglicht. 

Eine Erörterung erfordert zumindest eine Zwei-Wege-Kommunikation. Die Möglichkeiten zu Rede und Gegenrede, Debatten und spontane Äußerungen sind in einer Versammlung nämlich unerlässlich. Eine Information während der Versammlung erfordert auch, dass Dokumente während der Versammlung online eingesehen werden können. Zudem hat nach allgemeiner Meinung ein Versammlungsleiter auch sicherzustellen, dass nur die tatsächlich berechtigten Gesellschafter oder vom Gesetz oder Satzung zugelassene Vertreter teilnehmen und keine unzulässigen Mittel eingesetzt werden. Abstimmungsergebnisse müssen korrekt festgestellt werden können. Des Weiteren verlangen der Datenschutz und die Datensicherheit, dass bei Online-Versammlungen Formate gewählt werden bei denen Dritte nicht mithören, mitschneiden oder mitverwerten können. 

Für die Aktiengesellschaft (aber auch für die SE/KGaA/VVaG) wurde ein reines Online-Verfahren geschaffen (§118a Aktiengesetz). Die Anteilseigner müssen mit Dreiviertel-Mehrheit darüber entscheiden, ob sie die virtuelle Hauptversammlung einführen oder den Vorstand zur Durchführung eines solchen Formats ermächtigen, und es wird andererseits ein detailliert vorgegebener Pflichtenkatalog für die virtuelle Versammlung aufgestellt. Daneben ist weiterhin, wenn dies in der Satzung vorgesehen ist, die hybride Versammlung nach §118 Abs.1 S.2 AktG oder die Briefwahl (schriftlich oder per elektronischer Kommunikation) nach §118 Abs.2 AktG möglich.

Anders als bei der AG legt das Gesetz bei der GmbH und für die Personengesellschaften keine näheren Einzelheiten oder Mindeststandards bei der Definition der Voraussetzungen einer virtuellen oder hybriden Versammlung oder einen Pflichtenkatalog fest. Die Regelung dieser Einzelheiten bleiben dem Gesellschaftsvertrag vorbehalten.

Für die GmbH gilt jetzt auch ohne besondere Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag lediglich, dass Versammlungen auch fernmündlich oder mittels Videokommunikation abgehalten werden können, wenn sämtliche Gesellschafter sich damit in Textform einverstanden erklären (§ 48 Abs. 1 S.2 GmbHG). Besondere Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag gehen dieser Regelung aber vor und die Bedingungen der virtuellen/hybriden Gesellschafterversammlung können auch nur im Gesellschaftsvertrag getroffen werden.

Bei den Personengesellschaften war und bleibt den Gesellschaftern überlassen, Regelungen über das Rechtsverhältnis untereinander im Gesellschaftsvertrag zu treffen. Auch das zum 1.1.2024 in Kraft tretende Reformgesetz des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird keine Regelung zu Versammlungen enthalten. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Gesellschafterversammlung als Organ vor, so sind nach allgemeiner Meinung neben Präsenzversammlungen auch virtuelle Versammlungen und Telefonkonferenzen akzeptabel. Ohne eine ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag wird man aber regelmäßig nicht davon ausgehen können, dass eine andere als die Präsenzversammlung gemeint ist. Daher kann nur der Gesellschaftsvertrag regeln, ob und wie im Einzelnen tatsächlich die virtuelle oder hybride Gesellschafterversammlung gewollt ist.

Das Fazit lautet also, dass bei der Einführung der Virtuellen Gesellschafterversammlung in die Satzungen und Gesellschaftsverträge eine Vielzahl von Aspekten zu berücksichtigen sind. Regelungen müssen insofern insgesamt harmonisch angepasst werden. Um die Funktionen der Gesellschafterversammlung zu erhalten, sollten Grundsätze, die für die Präsenzversammlung gelten auch auf die virtuellen Formate übertragen werden und darüber hinaus berücksichtigen, dass virtuelle Formate nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile haben können.